Anhand welcher Kriterien wird eine Immobilie bewertet?
Die Schwierigkeit bei der Bewertung liegt darin, dass es kaum je zwei völlig identische Objekte gibt. Der Zustand innen und aussen, Sonne und Aussicht, die Grösse von Zimmern und Terrasse etc. präsentieren sich immer wieder anders. So ist es schlicht unmöglich, den Preis einfach wie bei einer Aktie in einer «offiziellen» Kursliste abzulesen.
Wer Liegenschaften oder Bauland kauft, muss aber zuverlässig wissen, welcher Wert angemessen ist. Verkehrswert heisst meist: Geschätzter Wert eines Objektes, der unter normalen Marktbedingungen bei einem Verkauf voraussichtlich erzielt werden kann. Bei der Bewertung sind immer zwei Komponenten auseinanderzuhalten: der Wert des Bodens und der Wert des Gebäudes. An sehr teuren Lagen ist es gut möglich, dass der Boden die Hälfte ausmacht.
Für den Kauf und die Finanzierung stützt man sich heute oft auf den so genannten hedonischen Wert. Dabei handelt es sich um ein computergestütztes Verfahren. Für den Schätzwert fliessen die Eigenschaften und Preise von vergleichbaren Objekten ein (Adresse, Grösse, Baujahr, Zustand und weitere Qualitätsmerkmale). Für private Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen wenden heute praktisch alle Banken diese Methode an.
Weil Baukosten, Schätzwerte und Verkaufspreise auf dem Markt nicht dasselbe sind, liegt die Bankschätzung unter Umständen etwas tiefer als das Preisschild des Verkäufers. Liegen unterschiedliche Zahlen vor, ist in der Schweiz der tiefere Wert massgeblich für die Berechnung der Finanzierung bzw. für die Höhe der Hypothek (Niederstwertprinzip).
Die hedonische Methode gilt heute als breit anerkannter Standard in der Branche. Rund 80 bis 90% der Kaufangebote im Eigenheimbereich lassen sich damit zuverlässig einschätzen. Eine solide Beurteilung bekommen Sie meist auch bei Neubauten ab Plan: Die regional verankerten Banken nehmen bei solchen Projekten meist eine Vorprüfung vor.
Ist die Liegenschaft eher teuer oder eher günstig? Im Netz gibt es zahlreiche kostenlose Rechner für Grobbewertungen für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen. Zum Beispiel das Tool «LUKB Immo-Schätzung». Damit haben auch Nicht-Experten ein nützliches Hilfsmittel zur Hand, um den Kaufpreis der Immobilie besser einzuordnen. Die Methode ist dieselbe, wie sie die LUKB für ihre internen Berechnungen anwendet, Bloss fliessen hier für die Bewertung wesentlich weniger Parameter ein.
Es kommt aber vor, dass ein Kaufinteressent nach einer Zweitmeinung fragt. Für besonders auserlesene oder seltene Liegenschaften («Liebhaberobjekte») ist eine individuelle Schätzung durch einen Experten angezeigt. Ähnliches gilt für Fälle, wo die Liegenschaft bauliche Mängel aufweisen könnte (je nach Baujahr und Zustand), oder wenn genauere rechtliche Abklärungen notwendig erscheinen (Einträge im Grundbuch).
Ein anerkannter Schätzungsexperte oder Immobilien-Bewerter wird das Objekt vor Ort besichtigen und auf Herz und Nieren prüfen. Achten Sie darauf, dass der Experte eine Fachausbildung nachweisen kann und einer anerkannten Branchenorganisation angehört (zum Beispiel Schätzungs-Expertenkammer SVIT oder Fachverband SIV). Die individuelle Schätzung durch einen Experten kostet je nach Objekt und Region rund 800 bis 1500 Franken.
Hinterfragen Sie bei jeder Schätzung, von wem und zu welchem Zweck sie erstellt wurde! Hat der Verkäufer das Objekt selbst «geschätzt» oder selbst ein Gutachten in Auftrag gegeben? Auch Immobilien-Makler, die Einschätzungen abgeben, sind nicht ganz gegen subjektive Bewertungen gefeit. Schliesslich wollen sie das Objekt in einem günstigen Licht erscheinen lassen, um ein Verkaufsmandat abschliessen zu können.
Die Bewertung von Immobilien ist keine exakte Wissenschaft. Was ein Käufer letztlich zahlt, hängt immer auch von den konkreten Umständen und seinem finanziellen Spielraum ab.